Dr. Arthur Oscar Bial
Ölmühlweg 12

Arthur Oscar Bial wurde am 21. August 1877 in Striegau/Schlesien geboren. Der Sohn des jüdischen Arztes Malwin Bial und dessen Frau Selma, geb. Siegheim, studierte Jura in München und Medizin in Halle-Wittenberg und Würzburg. Er wurde im Jahr 1903 zum Arztberuf zugelassen und promovierte.

In Hermannsdorf heiratete er 1905 Ellinor Katz (geb. 1882) aus Kattowitz/Oberschlesien. Von Mai 1905 bis September 1937 lebte und arbeitete Arthur Bial als Badearzt in Bad Elster im Vogtland. 1908 kaufte Bial ein Haus, ließ es umbauen und führte es als Kurpension „Villa Elli“. Bis 1921 arbeitete er aber wahrscheinlich im Sanatorium des Sanitätsrats Dr. Köhler, danach möglicherweise im eigenen Haus. 1911 kam Sohn Hans Walter in Bad Elster zur Welt.

1914 wurde er als Arzt zum Kriegsdienst nach Frankreich eingezogen. Er erhielt noch im selben Jahr das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Im Jahr 1934 wurde ihm auch das Ehrenkreuz für Frontkämpfer verliehen. Arthur Bial arbeitete in Bad Elster insgesamt 32 Jahre als Badearzt. Die gut gehende Praxis erlitt aber erste Einbußen ab April 1933, als nicht-jüdische Kurgäste nicht mehr behandelt werden durften. Ab August 1937 wurden den jüdischen Kurgästen die Kurmittel entzogen, so dass auch sie als Patienten entfielen.

Sein Haus hatte er bereits 1936 an einen Kollegen veräußert. Für kurze Zeit zog Dr. Bial nach Breslau. Inzwischen verwitwet, siedelte er am 15. März 1938 nach Königstein über und trat eine neue Stelle im Sanatorium Kohnstamm an. Im Ölmühlweg 12 wohnte und arbeitete er. Auch hier holte ihn das Zeitgeschehen bald ein. Am 30. September 1938 wurde über die jüdischen Ärzte ein Berufsverbot verhängt. Im Brief der Reichsärztekammer hieß es: „Um etwaige Zweifel zu beheben und Ihnen Unannehmlichkeiten zu ersparen, weisen wir Sie darauf hin, dass Ihnen von diesem Termin ab jede ärztliche Betätigung untersagt ist und dass Ihr bisheriges Arztschild unverzüglich zu entfernen ist.“ Ab Oktober hielt sich Dr. Bial bei seinem Sanatoriums-Kollegen Dr. Friedemann in der Altkönigstraße 14 auf.

Arthur Bial war einer von 40.000 Juden, die nach den Novemberpogromen ein Visum zur Einreise in die Niederlande beantragten. 7.000 Juden ließ die holländische Regierung ins Land. Die Flüchtlinge sollten nicht integriert werden, mussten in Lagern leben und hatten keine Bewegungsfreiheit; die jüdische Gemeinschaft musste sich um deren Versorgung kümmern. Am 28. Dezember 1938 erreichte ihn die Entscheidung des niederländischen Justizministeriums, binnen acht Wochen dort einreisen zu können. Ab Februar 1939 lebte Arthur Bial in den jüdischen Flüchtlingslagern Heijplaat bei Rotterdam, (das ehemals eine Quarantäne-Einrichtung für Seeleute war), und Zeeburgerdijk im Osten von Amsterdam. Die Quartiere mussten die Flüchtlinge selbst bezahlen.

Dr. Bial bekam in Aussicht gestellt, dass er, sofern er für seinen Unterhalt selbst aufkommen könne oder er einen Bürgen fände , außerhalb der Lager leben könne. Er fand Unterstützung in Joh. Nagel, bei dessen Familie in Zandvoort er ab Juli 1939 vorübergehend lebte. Im März 1940 wurde Arthur Bial im neu eingerichteten Zentralen Jüdischen Flüchtlingslager Westerbork aufgenommen und übernahm dort wenige Tage nach Ankunft die Leitung der Poliklinik. Somit war er unabhängig von der Unterstützung Dritter.

Im Mai marschierte die Deutsche Wehrmacht in die Niederlande ein. In Westerbork wurden alle geflohenen jüdischen Deutschen und Österreicher inhaftiert. Ab dem 1. Juli 1942 wurde das Lager zum Polizeilichen Judendurchgangslager "Kamp Westerbork" unter direkter deutscher Verwaltung und damit faktisch zum KZ. Am 14. Juli begannen die Transporte aus den gesamten Niederlanden ins Durchgangslager. Es kamen Juden, Sinti, Roma und Widerstandskämpfer. Zwischen 1942 und 1944 wurden von dort etwa 102.000 Menschen nach Auschwitz, Sobibor, Bergen-Belsen und Theresienstadt deportiert. Der Oberdienstleiter des jüdischen Ordnungsdienstes schützte die deutsch-jüdischen Häftlingsmitarbeiter vor der Deportation und setzte vorrangig niederländisch-jüdische Insassen auf die Deportationslisten. So gelang es Arthur Bial bis zur Befreiung in Westerbork zu arbeiten.

Kanadische Soldaten befreiten am 12. April 1945 schließlich noch 900 jüdische Häftlinge aus dem Lager. Nur zehn Tage nach der Befreiung trat Bial eine Stelle im Britischen Militärkrankenhaus Huntlosen bei Oldenburg an. Dort arbeitete der 68-Jährige als Stationsarzt für Innere Medizin und TBC. In seinem Pass für angestellte Zivilisten der britischen Streitkräfte ließ er sich als staatenlos eintragen. Er beendete sein Arbeitsverhältnis an Weihnachten, um in die Niederlande zurück zu kehren. Sein Zeugnis fiel sehr anerkennend aus, sein ärztliches Wissen und sein Umgang mit den Patienten wurden hervorgehoben.

Am 21. März 1954 starb Dr. Bial in Amsterdam.

Text: Barbara Kramer