Stolpersteine auch in Königstein
An frühere jüdische Bürger
wird auch in der Stadt Königstein im Taunus erinnert.
Bei der europaweiten Aktion des Künstlers Gunter Demnig wird an die Opfer der NS-Zeit erinnert, indem auf dem Bürgersteig vor deren letztem selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing eingesetzt werden. Inzwischen liegen mehr als 50.000 Stolpersteine in über tausend Orten in Deutschland und mehreren europäischen Ländern. Zu den 40 Städten in Hessen gehören Hofheim, Kronberg, Frankfurt, Schmitten und Neu-Anspach. Die Aktion hat sich mittlerweile zum weltweit größten dezentralen Mahnmal entwickelt.
Seit dem Herbst 2012 trifft sich die Königsteiner Stolperstein-Gruppe regelmäßig. Die Initiative besteht aus rund 20 Bürgern, darunter auch Vertreter von Kirchen und Mitglieder politischer Gruppierungen.
Die Aktiven verbringen unzählige Stunden im Stadtarchiv und im Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden, forschen an weiteren Stellen und sprechen mit Zeitzeugen, um die Schicksale der Verfolgten zu recherchieren.
Nach gut einjähriger Vorbereitungszeit wurden im November 2013 unter großer Anteilnahme der Königsteiner die ersten 18 Stolpersteine zum Gedenken an ehemalige jüdische Einwohner verlegt. Auf andere Opfer der NS-Zeit wie z.B. politisch Verfolgte oder Homosexuelle wurden bislang in Königstein keine Hinweise gefunden.
Ein wichtiges Hilfsmittel
der Arbeit ist auch die Dokumentation "Juden in
Königstein" des früheren Stadtarchivars Heinz
Sturm-Godramstein. Auf Anregung der Initiative wurde das
Buch im März 2015 mit einem Ergänzungsteil neu
aufgelegt. Darin werden die Schicksale der Menschen
geschildert, für die in Königstein Stolpersteine verlegt
wurden.
Im Talmud, einem der heiligen Bücher des Judentums, steht geschrieben: „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“. Dieses Zitat ist der Antrieb des Künstlers Gunter Demnig, die Stolpersteine als Steine der Erinnerung und des Gedenkens anzufertigen und zu verlegen. Verlegt vor den Wohnhäusern der Verfolgten und Ermordeten wird die Erinnerung an die Opfer in der unmittelbaren Umgebung lebendig.
Die Steine selbst sind Betonkuben mit einer individuell beschrifteten Messingplatte von 10 cm Kantenlänge. Auf der Messingoberfläche stehen geschrieben der Name, das Geburts- und Todesjahr, das erlittene Schicksal wie z.B. inhaftiert oder deportiert und der Todesort.
Es gibt viele Möglichkeiten des Erinnerns und Gedenkens im öffentlichen Raum. Bisher gibt es in Königstein die Gedenktafel und das Modell der von Nazis niedergebrannten Synagoge, beides gegenüber dem früheren Standort im Seilerbahnweg. Die Stolpersteine sind eine Ergänzung zu den vielen anderen Formen der Erinnerung.
Dreierlei Besonderheiten unterscheiden die Stolpersteine von den anderen Formen.
1. Es wird einzelner individueller Personen gedacht. Den Menschen, die im KZ zu Nummern degradiert wurden, wird ihr Name wiedergegeben. Durch die weiteren Angaben kann deren Schicksal nachgespürt werden.
2. Durch den Ort, vor dem letzten frei gewählten Wohnort der Verfolgten, wird das Gedenken an den Mittelpunkt ihres Lebens und in unser städtisches Leben zurück geholt.
3. Beim Dahinlaufen „stolpert“ man über die Steine im Boden, nicht körperlich, aber im übertragenen Sinne mit dem Kopf. Der Gang wird unterbrochen, man merkt auf, liest und ist berührt.
Einige Kritiker lehnen genau deshalb diese Art des Gedenkens ab, weil der Stein mit Füßen getreten würde. Andererseits ist das Bücken zum Stein eine symbolische Verbeugung vor den Opfern.
Viele Nachfahren der
jüdischen NS-Opfer sind dankbar für diese Würdigung. Ihr
persönliches Gedenken bekommt einen Ort, an dem der Name
des Betroffenen geschrieben steht.
Weitere Interessenten an dem Projekt sind herzlich willkommen. Eine Unterstützung der Aktion kann auch die Übernahme einer Patenschaft sein. Ein Stein kostet von der Herstellung bis zur Verlegung 120 Euro. Wer gerne eine solche Patenschaft übernehmen möchte, kann sich mit die Initiative in Verbindung setzen.